Europa & Internationales

Umweltzerstörung und Krieg stoppen – kein Geld für fossile Energieträger aus Russland

By 6. April 2022No Comments

Seit dem 24.02.2022 treibt Putins Angriffskrieg auf die Ukraine, Menschen in Leid und Flucht. Weltweit wird die Invasion der russischen Armee heftig verurteilt und es wurden Sanktionen verhängt, die vor allem den russischen Präsidenten Putin und seine Unterstützer*innen treffen sollen. Unter anderem wurde der Bau der von Anfang an geo- und klimapolitisch fragwürdigen Pipeline Nordstream 2 gestoppt, doch das reicht nicht aus, denn trotzdem fließen weiterhin Hunderte Millionen Euro pro Tag aus Deutschland nach Russland. Jeder Euro für russische Energieträger ist ein Euro für den Krieg. Nordstream 2 ist ein Projekt, dass nicht vollendet werden wird, der Ausstieg ist eine wichtige Maßnahme mit Symbolcharakter, aber es müssen nicht nur zukünftige Abhängigkeiten gekappt werden, sondern auch bestehende Lieferungen von russischen Energieträgern nach Deutschland sanktioniert werden. Deutschland bezieht mehr als 55 Prozent seines Erdgases aus Russland, in Berlin sind es sogar bis zu 60 Prozent. Der Großteil der Steinkohle, die in den letzten zwei Berliner Kohlekraftwerken verbrannt wird, kommt aus Russland. Und auch das Öl, mit dem Zehntausende Berliner*innen heizen, kommt zu einem großen Anteil aus Russland.

Diese großen Anteile der russischen fossilen Rohstoffe in der Deutschen und Berliner Energie und Wärmeversorgung zeigen unser Abhängigkeitsverhältnis zu Russland auf. Wenn wir nicht wollen, dass Menschen hier frieren und gleichzeitig der Angriffskrieg in der Ukraine von uns mitfinanziert wird, muss unsere Energieversorgung schnellstmöglich unabhängig werden. Fossile Energien sind patriarchale Machtenergien, da sie wenige Oligarchen noch reicher machen. Erneuerbare Energien gehören uns allen. Sicherheitspolitik beinhaltet deshalb auch, sich nicht von Diktatoren erpressen lassen zu müssen und das immense Sicherheitsrisiko, dass die Klimakrise darstellt, mit im Blick zu behalten. Daher fordern wir, dass auch Energie- und Wärmepolitik als Sicherheitspolitik klassifiziert werden.

Am 27.02.2022 hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, dass 100 Milliarden in die Bundeswehr investiert werden sollen, dieses Geld muss auch für den Ausbau von erneuerbaren Energien und für eine Abkehr von fossilen Abhängigkeiten genutzt werden, neben weiteren massiven Investitionen in die Energie- und Wärmewende.

Die Planung der massiven Investitionen in die Bundeswehr zeigen, dass wo ein politischer Wille ist, auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Klimakrise ist ein riesiges Sicherheitsrisiko und muss entsprechend angegangen werden.

Kein Gas & Öl mehr aus Russland, das Putins Diktatur und Angriffskrieg finanziert!

Mit dem Import von russischem Gas ist Deutschland abhängig von einem unberechenbaren Aggressor, Diktator und Menschenfeind. Das darf nicht so weitergehen. Der Winter 2021/22 ist fast vorbei, sodass unsere Gasreserven gerade noch ausreichen werden. Doch wenn wir aufhören, unsere Gasspeicher zu füllen, werden wir im nächsten Winter Versorgungsprobleme bekommen. Dies wird dazu führen, dass gerade marginalisierte Gruppen unserer Gesellschaft ihre Heizkosten nicht mehr bezahlen können. Die Energiepreise sind in den letzten Monaten unproportional stark gestiegen.

Für uns als GRÜNE JUGEND Berlin ist klar, wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen wegen einer krisenunsicheren Energie- und Wärmepolitik frieren. Wir fordern einen Importstopp von russischem Gas und fordern von der Berliner Landesregierung und dem Energiekonzern Vattenfall hier Verantwortung zu übernehmen.

Statt ein neues fossiles Gaskraftwerk in Berlin zu bauen, müssen endlich erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden. Berlin soll im neuen Energie- und Klimaschutzprogramm weiter Bürger*innen dabei finanziell bestärken, ihre Öl- und Gasheizungen durch erneuerbare Heizsysteme schnell auszutauschen. Unsere Stadtwerke sollen weiter ausgebaut werden, um Mieter*innenstromprojekte für alle bezahlbar zu stärken.

Dass in Berlin immer noch zahlreiche Straßenlaternen mit Gas betrieben werden, ist für uns nicht akzeptierbar. Die Umstellung kommt viel zu langsam voran. Denkmalschutz und mangelnde Finanzierung sorgen dafür, dass noch immer Unmengen an Gas für die Straßenbeleuchtung verbrannt werden. Denkmalschutz bringt jedoch nichts, wenn wir damit die Zukunft unseres Planeten gefährden und uns in geopolitische Abhängigkeit bringen. Als GRÜNE JUGEND Berlin fordern wir Sofortmaßnahmen für einen schnellen Gasausstieg bei der Straßenbeleuchtung und eine klimafreundliche Reform des Denkmalschutzes.

Energie- und Wärmewende müssen sozialverträglich sein!

Während die Energiekonzerne Kriegsgewinne einfahren und Finanzminister Lindner das Sondervermögen der Bundeswehr über Kürzungen auch im Sozialbereich finanzieren will, stehen inzwischen immer mehr Menschen vor der Entscheidung, zu heizen oder zu essen. Wir fordern einen unbürokratischen Zuschuss für mehr einkommensschwache Haushalte, der die Preisexplosion adäquat kompensiert und eine strenge Preis- und Kartellaufsicht für die Energiekonzerne. Heizen ist kein Privileg und muss bezahlbar sein, nur so schaffen wir die Unabhängigkeit von russischen Fossilen. Die bisher angekündigten Maßnahmen der Ampel kommen viel zu spät und reichen bei Weitem nicht aus.

LNG ist keine Lösung – wir wollen eine richtige Energiewende!

Das jetzt neue LNG-Terminals gebaut werden sollen, um einfach russisches Gas durch Gas aus den USA oder Qatar auszutauschen, sehen wir sehr kritisch. LNG steht für Liquefied Natural Gas und ist verflüssigtes Gas, was per Schiff transportiert wird. Es ist meist noch umweltschädlicher und teurer als Gas aus der Pipeline. Das Herunterkühlen des Gases ist energieaufwendig. Die Wege sind oft länger und somit kann es auch zu mehr Gasleckagen (klimaschädliches Gas entweicht) kommen. Außerdem wird oft Fracking Gas benutzt, was in den Förderländern für enorme Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung verantwortlich ist.

Statt neue Gasinfrastruktur und neue fossile Abhängigkeiten auszubauen, soll endlich die Energiewende hin zu 100 % erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Berlin soll sich daher auf Bundesebene dafür stark machen, dass keine neuen LNG-Terminals in Deutschland gebaut werden. Uns ist bewusst, dass diese riesige Umstellung hin zu einer krisensicheren 100% erneuerbaren Energieversorgung nicht bis zum nächsten Winter geschehen kann. Wir fordern die Bundesregierung und das EU-Parlament auf, sich auf europäischer Ebene in ganz Europa jetzt für den Aufbau eines stabilen Netzes erneuerbarer Energien einzusetzen. Der Ausbau von Erneuerbaren muss massiv vorangetrieben werden und höchste Priorität haben.

Vattenfall, keine Kohle für russische Kohle!

Vattenfall importiert für die zwei letzten Kohlekraftwerke in Berlin einen Großteil der Steinkohle aus Russland. Als GRÜNE JUGEND Berlin fordern wir Vattenfall auf, keine russische Steinkohle mehr zu importieren. Steinkohle ist ohnehin endlich und ein klimaschädlicher Energieträger, der die Klimakrise mit befeuert und somit Sicherheitsrisiken schafft. Ein weiterer Grund den Import der Steinkohle zu stoppen, ist der extrem umweltschädliche und unmenschliche Kohleabbau. Zum Beispiel werden in einem der größten Kohlereviere Russlands, dem südsibirischen Region Kemerowo, Menschenrechte aufs Härteste verletzt und der Lebensraum des indigenen Volkes der Schoren rücksichtslos zerstört.

Wer unabhängig von russischem Öl werden will, kann aufs Fahrrad umsteigen

32% der Rohöl- und der Ölprodukte importieren wir in Deutschland aus Russland. Das macht uns ähnlich wie bei Gas sehr abhängig von russischen Exporten. Allerdings sind die Ölexporte leichter zu ersetzen. Zudem verdient Russland an den Ölexporten deutlich mehr, was einen schnellen Importstopp effektiv macht, um Putins Krieg zu schwächen. Auch ohne westliche Sanktionen auf Energielieferungen aus Russland befindet sich der europäische Ölmarkt aktuell schon in der Krise. Wir müssen jetzt das Fenster nutzen, langfristig von Erdöl loszukommen. Das betrifft neben dem Wärmesektor, wie bereits oben erwähnt, vor allem den Verkehrssektor.

Um möglichst schnell vom motorisierten Individualverkehr wegzukommen, müssen wir weiter die Verkehrswende voranbringen. Gerade in Berlin sind wir in der komfortablen Situation, bereits an vielen Stellen einen guten ÖPNV und Radinfrastruktur zu haben. Das müssen wir voranbringen. Um kurzfristig den ÖPNV zu verbessern, fordern wir die Einrichtung von Pop-Up-Busspuren, Pop-Up-Radwegen und autofreie Quartiere. Eine kurzfristige Beschränkung des Kfz-Verkehrs im Innenstadtring im Sinne eines niedrigen Ölverbrauchs muss geprüft werden. Wir wissen, dass insbesondere im ländlichen Raum viele Menschen auf das Auto angewiesen sind. Jedoch müssen wir gerade als Berliner*innen deshalb unseren Beitrag für einen niedrigeren Spritverbrauch leisten. Auf Bundesebene fordern wir zusätzlich, dass ein Tempolimit von 100 km/h eingeführt wird.

Wer unabhängig von russischen Energieträgern werden will, muss radikal Energie sparen!

Da die Importmenge aus Russland sehr groß ist, werden wir nicht darum herumkommen, als Gesellschaft solidarisch Energie zu sparen. Die Bundes- und Landesregierung trägt die Verantwortung, nachhaltige und effiziente Nutzung von Energie zum Standard zu machen. Das gilt speziell für die umweltbelastenden Verkehrs-, Wärme- und Gebäudesektoren. Der Gebäudesektor in Berlin ist für rund die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich. Hier besteht durch die energetische Sanierungen der Häuser ein großes Einsparungspotenzial. Deshalb ist es zum Beispiel wichtig, dass möglichst schnell und warmmietenneutral viele Gebäude energetisch saniert werden. Doch das wird nicht reichen. Ein Importstopp von russischen Energieträgern ist möglich, jedoch werden wir dann schlagartig drastisch weniger Energie zur Verfügung haben. Deshalb halten wir als GRÜNE JUGEND Berlin eine gesellschaftliche basisdemokratische Diskussion darüber, wie wir mit der Energie auskommen, die uns zur Verfügung steht, für notwendig. Als GRÜNE JUGEND Berlin wollen wir über die Umsetzung einer solch drastischen Maßnahme breit diskutieren. Diese Strukturen werden wir ohnehin für die Klimawende benötigen. Es kann keine Lösung sein, mit kurzfristigen Maßnahmen Versorgungslücken zu schließen, aber langfristig die Klimakrise aus dem Blick zu verlieren und weiter zu befeuern. Ein Umgang mit der aktuellen Situation kann nur Hand in Hand mit der Bekämpfung der Klimakrise gefunden werden.

– Beschlossen am 20.03.2022 auf der digitalen Landesmitgliederversammlung