Gesundheitspolitik

Psychische Gesundheitsversorgung in Berlin Endlich angehen!

By 4. April 2023No Comments

Dieser Antrag wurde auf dem Aktiventreffen am 25. März 2023 in Folge auf die Frühjahrs-Landesmitgliederversammlung am 12. März 2023 beschlossen.

Junge Menschen leiden besonders unter den multiplen Krisen unserer Zeit. Durch die Coronapandemie wurden die Perspektiven junger Menschen massiv eingeschränkt. Gleichzeitig löst die immer weiter eskalierende Klimakrise gerade bei jungen Menschen Zukunftsängste und Sorgen aus. Studien zeigen, dass besonders junge Menschen häufig unter psychischen Erkrankungen leiden, etwa ein Fünftel der 
Menschen zwischen 15 und 25 Jahren ist von einer psychischen Erkrankung betroffen. Durch die Pandemie ist dieser Wert sogar noch gestiegen. Wie groß die Not Betroffener werden kann, zeigen die folgenden, furchtbaren Zahlen. Die häufigste Todesursache von Menschen zwischen 15 und 25 Jahren ist nach wie vor Suizid, die Krisen der letzten Jahre haben psychische Erkrankungen massiv verschärft und die Anzahl der Suizide mehr als verdoppelt. Dennoch ist die Gesundheitsversorgung in diesem Bereich höchst prekär, nicht selten warten Menschen, die die Kraft gefunden haben, sich Hilfe zu suchen, monatelang auf einen ambulanten Therapieplatz. Auch stationäre Angebote sind strukturell 
überlastet und unterversorgt. Das hat zur Folge, dass junge Menschen teilweise ein Jahr auf einen Platz warten müssen.

Diese Umstände sind nicht hinnehmbar. Wir müssen psychiatrische Krankenhäuser und Einrichtungen in Berlin personell und finanziell besser ausstatten, sodass eine qualitative Behandlung und verfügbare Kapazitäten sichergestellt werden. Ein Ansatzpunkt, um dies zu erreichen, ist auch die Abschaffung der Abrechnung über Fallpauschalen, welche in vielen Fällen eine bedarfsgerechte Behandlung behindert. Ein weiterer Baustein für eine bessere Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist zudem eine massive Ausweitung der Kassensitze. Dafür muss sich Berlin auch auf Bundesebene einsetzen. Der Ausbau der Angebote soll auch weitere Therapieformen abseits von Verhaltenstherapie abbilden. Um dies zu erreichen ist eine sozialrechtliche Anerkennung weiterer Therapieverfahren durch den gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen notwendig. Um die bereits begonnene positive Entwicklung in diesem Bereich zu stärken, müssen Berliner Universitäten Verfahrensvielfalt für alle Studierenden im Masterstudiengang Psychotherapie gewährleisten.

Die Ausbildung für Psychotherapie muss kostenlos sein, damit die Möglichkeit Therapeut*in zu werden nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Die Reform des PsychThG stellt zwar eine Verbesserung zu bisherigen Ausbildungsbedingungen dar, lässt jedoch viele Fragen hinsichtlich der Finanzierung offen. Die Bezahlung während der Weiterbildung muss sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich tariflich entsprechend der bereits erworbenen Qualifikationen erfolgen. Zudem ist eine gesetzlich geregelte Zusatzfinanzierung für die Weiterbildungsstätten nötig, um die Reform umzusetzen und so die psychische Versorgung in Deutschland zu sichern.

Gesellschaftliche Stigmata über psychische Erkrankungen sind allgegenwärtig und hindern Betroffene daran, die Hilfe zu erhalten, die sie benötigen. Aufklärung über psychische Erkrankungen und Wissen über bestehende Hilfsangebote sind daher essentiell. Das Land Berlin soll hierfür Strategien entwickeln und öffentlichkeitswirksame Kampagnen planen. Ein Ort hierfür könnte auch der öffentlich- rechtliche Rundfunk sein. Neben aufklärenden Bildungsangeboten ist hierbei auch das Anbieten positiver Identifikationsfiguren von Bedeutung. Auch in den schulischen Raum und die Lehrpläne sollen Inhalte und Aufklärung integriert werden, hierbei können externe Aufklärungsprojekte in der Unterrichtszeit eine wichtige Rolle spielen. Um Menschen eine niedrigschwellige Anlaufstelle anzubieten, soll in Berlin eine zentrale Beratungsstelle, welche rund um die Uhr Hilfesuchende berät und an die bestehenden Behandlungsstrukturen vermittelt, eingerichtet werden.

Wie körperliche Erkrankungen dürfen auch psychische Erkrankungen nicht zu Diskriminierung und Benachteiligung führen. Psychische Erkrankungen dürfen kein Kriterium bei der Einstellung, oder der Verbeamtung sein. Parallel zu Erste Hilfe Beauftragten sollen in Unternehmen ab einer gewissen Größe auch geschulte Beauftragte für psychische Erste Hilfe eingerichtet werden. Berufsständische 
Körperschaften sollen angehalten werden über Stigmata zu psychischen Erkrankungen aufzuklären, Inhalte zu psychischer Gesundheit in den Berufsschullehrplan zu integrieren, sowie Fortbildungen in diesem Bereich anzubieten.