Soziales

Gerechte Pflege

GERECHTE PFLEGE

Bereits seit Jahrzehnten besteht in der Pflege Personalmangel. Politisch wurden die Probleme, die durch systemische Ungleichheiten des Gesundheitswesens selbst, begründet sind, nie ausreichend angegangen. Daraus resultieren die heutigen Misstände, die in der Corona Pandemie so klar wurden wie nie zuvor. Es wurde ersichtlich wie sehr die Profitlogik Gesundheitsberufler*innen daran hindert, adäquate Versorgung zu leisten. Geplante Operationen, welche eine große Einnahmequelle darstellen, mussten ausfallen. Der finanzielle Verlust muss ausgeglichen werden. Dafür wird, wie bereits in jeder anderen finanziellen Krisensituation, an Personalkosten der Pflege gespart. Dadurch werden die Arbeitsbedingungen nur noch dramatischer als zuvor. Der Beruf wird noch unattraktiver, sodass wenig Nachwuchs nachrückt. Gleichzeitig sind ein Großteil der Pflegekräfte über 50 Jahre alt, was bedeutet, dass sie spätestens in 10-15 Jahren in Rente gehen werden. Das macht klar, dass uns kaum Zeit bleibt, Veränderungen für die Pflege voranzutreiben. Pflegefachpersonen selbst haben sich in Berlin zusammengetan und ihre Forderungen an die Politik definiert. Wir möchten die Berliner Krankenhausbewegung (https://berliner-krankenhausbewegung.de/#themen) und den Walk of Care (https://digitalwalkofcare.org/walk-of-care-startseite/unsere-forderungen) untersützen und zeigen uns solidarisch mit ihren Forderungen:

  • Gesetzliche Personalmessung:

Wir fordern eine höhere Personalausstattung, um den gegenwärtigen und zukünftigen Pflegebedarf zu decken. Auf Grundlage von pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen soll ein Bemessungsinstrument eingeführt werden, dass eine verbindliche Anzahl an Pflegenden in allen Bereichen, sowohl stationär als auch ambulant, festlegt. Als Überbrückung fordern wir die sofortige Umsetzung der PPR 2.0 in den Krankenhäusern bis ein aktuelleres Bemessungsinstrument entwickelt worden ist. Eine zeitlich begrenzte Mindestbesetzung muss aufgrund von Personalbemessungsinstrumenten festgesetzt sein. Nur so können wir jetzt sofort Veränderung schaffen und Arbeitgeber*innen den wichtigen Ansporn geben, bessere Arbeitsbedingungen zu gestalten.

  • Gute Ausbildung:

Gute Pflege beginnt mit der Ausbildung. Hier sind relevante Lehrmaterialien und uneingeschränkter Zugang zur Fachliteratur wichtig, die den Auszubildenden zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin fordern wir eine ausreichende räumliche, technische und personelle Ausstattung (Verhältnis von Lehrenden zu Auszubildenden mind. 1:15). 25% der praktischen Ausbildungszeit muss pro praktischem Einsatz mit einer Praxisanleitung erfolgen,

Auszubildende dürfen außerdem nicht auf den Stellenplan angerechnet werden.

Um Qualität zu garantieren muss die Weiterbildung für die Praxisanleitung mindestens zu einer staatlich anerkannten Weiterbildung im Umfang von 720 h erweitert werden und kurzfristig ist ein Bachelor Studium vorzusehen. Desweiteren müssen Praxisanleitende für ihre Tätigkeit vollumfängliche freigestellt und ausreichend vergütet werden. Damit die Ausbildung in der Pflege überall in Deutschland von vergleichbar guter Qualität ist braucht es eine bundeseinheitliche Ausbildungspauschale und eine gesetzlich festgelegte Investitionsquote der Träger in die praktische Ausbildung. Zuletzt müssen wir die die Vergütung im primärqualifizierenden Pflegestudiengang wieder einführen, damit es nicht zu einem klassistischen, exklusiven Studium wird und Pflegewissenschaftler*innen gefördert werden.

  • Fort- und Weiterbildungsordnung:

Das Lernen darf nicht mit der Ausbildung enden. Aktuell ist aber genau das möglich. Pflege darf aber nicht mehr aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern muss wissensbasiert stattfinden. Das geht nur, wenn Pflegende auch das Recht auf Fort- und Weiterbildung haben, ähnlich wie es bei den Ärztlichen Kolleg*innen bereits Normalität ist. Deshalb fordern wir eine Weiterbildungsordnung, damit Pflegende sich spezialisieren können, mehr Kompetenzen und Verordnungsrechte erhalten und ihr eigenes Wissen generieren können, was für die Professionsentwicklung essentiell ist.

Diese verpflichtenden Fortbildungen für die Pflegenden müssen in der Arbeitszeit und von Arbeitgebenden finanziert sein. Es ist sicherzustellen, dass diese Fort- und Weiterbildungen dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen.

  • Gerechte Finanzierung statt Gewinnmaximierung

Therapieentscheidungen dürfen nicht aufgrund von finanziellen Interessen getroffen werden und Pflegebedürftigkeit darf nicht zu Armut führen – weder für die Pflegebedürftigen selbst, noch für ihre Angehörigen. Deshalb braucht es eine eine grundsätzliche Neustrukturierung, damit die Finanzierung im Gesundheitssystem bedarfsgerecht und gemeinwohlorientiert ist. Die Logik von Aktienmärkten kann nicht auf den Gesundheitsbereich angewendet werden. Aktien ergeben nur in Bereichen, in denen eine Wertschöpfung stattfindet, Sinn. Deshalb müssen alle nichtstaatlichen Gesundheitseinrichtungen gemeinnützig werden.

Für das Krankenhaus bedeutet das die schrittweise Abschaffung der DRGs, die Ursache für die Profitlogik im Geusndheitssystem sind. Damit Investitionskosten abgedeckt sind muss gesetzlich festgelegt werden, dass die Länder und Kommunen für diese aufkommen.

Damit die ambulante Pflege und stationäre Langzeitpflege solidarisch finanziert wird muss die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung zu erweitert werden, SGB 5 Leistungen müssen auch in der stationären Langzeitpflege durch die Krankenversicherung finanziert werden und die strikte Trennung zwischen ambulantem und stationären Bereich muss überwundenwerden. Außerdem müssen wir pflegende Angehörige deutlich stärker finanziell unterstützen.

Auch unser Sozialsystem muss sich ändern. Wir brauchen gemeinsame Gesundheitskassen nach dem Solidaritätsprinzip für alle Bürger:innen, die deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bis zur verfassungsrechtlich vertretbaren Höhe und aufgrund des Rückgangs der Lohnarbeit, eine steuerliche Bezuschussung der Gesundheitskassen.

  • Politisches Mitbestimmungsrecht:

Die Politik darf nicht willkürlich über die Pflegenden entscheiden. Außerdem braucht die Pflege eine starke Stimme in der Selbstverwaltung des Gesundheitssystems. Zu lange ist diese geprägt von einer einseitigen Interessenvertretung, die Entscheidungen für alle trifft. Dass die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen hier nicht gehört wird, ist fahrlässig. Daher muss die Pflege, genau wie alle anderen Gesundheitsberufe und Patient:innenvertreter:innen, ein Stimmrecht im gemeinsamen Bundesausschuss erhalten. Auch auf allen anderen Ebenen der Entscheidungsfindung muss die Pflege vertreten sein. Daher fordern wir eine stärkere Einbindung der pflegerischen Fachexpertise in Krisenstäbe. Wir fordern außerdem eine Stärkung der Gewerkschaften und unterstützen die Forderung der Berliner Krankenhausbewegung für den TvÖD für alle.