AntifaschismusFlucht & Migration

Beschluss | Für eine offene Streitkultur – Menschenrecht auf Asyl weiterhin offensiv verteidigen

By 14. September 2015Juli 13th, 2016No Comments
beschlossen auf der 2. außerordentlichen Landesmitgliederversammlung am 14. September 2015

23 Jahre nach den Anschlägen in Hoyerswerda tobt der rassistische Mob wieder auf den Straßen. In ganz Deutschland brennen täglich die Asylbewerber*innenunterkünfte und Politiker*innen insbesondere der CSU gießen Benzin ins Feuer und hetzen gegen Geflüchtete. Mit ihren rassistischen Parolen der „Asylbetrüger“ dienen sie dem braunen Mob als Kronzeug*innen.

Nach den Pogromen in Hoyerswerda knickten führende Politiker*innen vor der rassistischen Stimmungsmache und dem rechten Terror ein und führten mit einer Änderung des Grundgesetzes die rein politische Definition der ersten „sicheren Herkunftsstaaten“ ein. Das Individualrecht auf Asyl wurde ausgehebelt, um den braunen Mob auf der Straße zu beruhigen und Deutschland abzuschotten. 2014 wurde unter erneut rassistischem Druck die Liste der sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ auch mit grünen Stimmen im Bundesrat erweitert.

Folgen für die Geflüchteten
Bei den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ handelt es sich um eine Liste von Ländern, bei denen einmal politisch entschieden wurde, dass „weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet“ (Art. 16a Absatz 3 GG). Geflüchtete aus diesen Staaten müssen selbstständig Beweise für ihre Fluchtgründe im Asylverfahren vorlegen. Geschieht dies nicht, werden ihre Anträge pauschal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Daraus folgt eine verkürzte Ausreisefrist von nur einer Woche und keine aufschiebende Wirkung bei Klagen gegen den Bescheid. Für die Betroffenen ist es allerdings nach ihrer Abschiebung oft nicht möglich aus ihrem Herkunftsstaat heraus einen Rechtsstreit gegen den deutschen Staat zu führen. Eine individuelle Prüfung des Asylantrags findet ohne eigene Beweise nicht mehr statt.

Als Grüne Jugend halten wir es für realitätsfremd und zynisch von flüchtenden Menschen zu erwarten auf ihrer Flucht Beweise zu sammeln. Der faktischen Ausschluss des Rechtswegs für Geflüchtete aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ überlässt die aus Not fliehenden Menschen der Willkür des strukturell rassistischen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und ist eines Rechtsstaates unwürdig. Das individuelle Recht auf Asyl wird durch das Konstrukt der “sicheren Herkunftsstaaten” ausgehebelt.

Grenzenlose Bewegungsfreiheit statt effizienter Abschottung
Erneut drohen Politiker*innen vor dem rechten Terror auf den Straßen einzubrechen. So zeigten sich zwischenzeitlich mehrere grüne Regierungsmitglieder “offen” für weitere sichere Herkunftsstaaten. In einer Erklärung im August wenden sich grüne Regierungsmitglieder aller grün-mitregierten Länder jetzt zum Glück wieder gegen die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten.Dies stellt durch die Begründung man sei “nicht überzeugt von der Effizienz” von der Auswirkung jedoch ein eher schwaches Signal da. Selbst Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte nach seiner Zustimmung im Herbst 2014 noch erklärt, er halte das Konstrukt der sicheren Herkunftsstaaten “für falsch.” Noch überraschender wirkt die Begründung der nun geäußerten Skepsis. So gäbe es “andere, wirksame Maßnahmen zur Reduzierung von Asylanträgen und zur Beschleunigung von Verfahren.” Im Ziel der Reduzierung von Asylanträgen unterscheiden sich die grünen Mitglieder der Landesregierungen offenbar nicht von der Bundesregierung.

Die Begründung der Ablehnung des Konstrukts der sicheren Herkunftsstaaten, weil es Deutschland nicht effizient genug abschottet, ist mehr als zynisch. Anstatt vor dem rechten Mob einzuknicken, müssen Politiker*innen ihrer Verantwortung gegenüber den Geflüchteten gerecht werden und gerade jetzt für offensiv für mehr dezentrale Unterkünfte und ein dauerhaftes Bleiberecht eintreten. Als Grüne Jugend streiten wir weiter für eine Welt ohne Grenzen, in der Jede*r selbst entscheiden kann, wo sie*er leben möchte.

Recht auf Asyl offensiv verteidigen
Vor dem Hintergrund der rassistischen Stimmung im Land und der nur vorsichtig geäußerten Kritik, schätzen wir die Gefahr einer Erweiterung der Liste der “sicheren Herkunftsstaaten” weiterhin als hoch ein. Als Grüne Jugend werden wir auch weiterhin jeden Angriff auf das Menschenrecht auf Asyl öffentlich scharf kritisieren. Wer Menschenrechte aushöhlt, wird auf unseren erbitterten Widerstand treffen. Wir werden solche Angriffe auch vor Wahlen nicht schweigend hinnehmen.