Queerfeminismus

Geschlecht aus dem Gesetz – Diskriminierung beenden!

By 23. November 2018Januar 20th, 2021No Comments

In der GRÜNEN JUGEND kämpfen wir gemeinsam seit Jahren dafür, dass Menschen respektiert werden und leben können, wie sie wollen, unabhängig davon, mit welcher Geschlechtsidentität sie sich identifizieren. Wir kämpfen dagegen, dassWeiblichkeit gesellschaftlich abgewertet wird und dass Menschen in bestimmte Rollen gezwängt werden.

Inter* und trans*Personen sind momentan immer noch starker Diskriminierung ausgesetzt, von staatlicher Seite sowie interpersonell.

Wir sagen dem den Kampf an!

Denn sie sind nicht im falschen Körper geboren, sondern im falschen System!

Das Bundesverfassungsgericht hat Ende letzten Jahres beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende 2018 ein Gesetz ausarbeiten muss, damit es einen positiven 3. Geschlechtseintrag gibt. Zudem schlugen die Richter*innen vor, das Geschlecht komplett aus dem Personenstandsrecht zu streichen. Nun liegt ein Gesetzesentwurf vor, bei dem in Zukunft inter*Personen, die dies auch medizinisch vorweisen können, den Geschlechtseintrag „inter/divers“ nutzen dürfen. Hierfür werden bisher keine Folgeregelungen, das bedeutet Rechte und Pflichten für die betreffende Gruppe, getroffen. Zudem werden nicht-binäre Menschen nicht beachtet und inter* Personen pathologisiert. Das finden wir äußerst kritisch. Schon aus dem Grund, dass wieder Mediziner*innen diejenigen sind, die sich anmaßen, Menschen besser einordnen zu können, als sie sich selbst.

Daher fordern wir eine selbstbestimmte 3. Option für alle, die sie wollen, ohne medizinische Gutachten.

Da keine Betroffenen an dem Gesetz beteiligt sind, fordern wir einen Expert*innen-Rat, unter anderem bestehend aus Menschen, die von der neuen Gesetzgebung direkt betroffen sein werden und sich mit Jurist*innen über mögliche Veränderungen beraten. Dieser soll vor oder bei Veränderungen der Gesetzeslage zum Thema 3. Option zu Rate gezogen werden.

Im nächsten Schritt fordern wir, die Kategorie Geschlecht aus dem Personenstandsrecht zu streichen.

Dieses Gesetz ist zwar ein Bundesgesetz, trotzdem kann das Land Berlin einiges tun, um die bestmögliche Situation für trans* und inter*Personen unter diesen Umständen zu schaffen:

  • Wir fordern den Senat auf, sich für eine bundesrechtliche Prüfung einzusetzenund zu prüfen, ob und wie eine Erhebung von Geschlecht als Kategorie im Personenstandsrecht mittelfristig ersatzlos wegfallen könnte, ohne dass dadurch Maßnahmen der Gleichstellungsförderung bzw. der Bekämpfung vonDiskriminierung aufgrund des Geschlechts und der Geschlechtsidentität in Frage gestellt werden.
  • Der Senat wird aufgefordert, bei seinen Vorbereitungen zur Umsetzung der Neuregelungen im Personenstandsrecht zu prüfen, in welchen Fällen des Verwaltungshandelns eine Erhebung des Geschlechtseintrags generell entbehrlich ist. So muss zum Beispiel eine genderneutrale Anrede für Gesetze, offizielle Mitteilungen oder Verwaltungsvorschriften gefunden werden.
  • Außerdem sollen Unterstützungs- und Beratungssysteme wie Lambda weiter ausgebaut werden. Wir freuen uns über die Errichtung des ersten queeren Berliner Jugendzentrums. Nun müssen weitere folgen.
  • Zum einen fordern wir den Senat auf, sich für die Streichung des Transsexuellengesetzes (TSG) einzusetzen.Trans*Personen sollen ernst genommen werden. Wenn sie Namen und Körper verändern wollen, sollen sie unterstützt werden. Krankenkassen sollen ohne Gutachten die Kosten von Operationen und Hormonbehandlungenübernehmen. Langfristig sprechen wir uns dafür aus, dass auch trans* Kinder selbst entscheiden können, welche medizinischen Behandlungen sie vornehmen wollen. Erst einmal ist uns aber wichtig, dass Jugendliche ab 14 Jahren Zugang zu oben angesprochenen medizinischen Maßnahmen haben, ohne dass Eltern ihr Einverständnis geben müssen. Sollten sich ungewollte körperliche Veränderungen vor dem 14. Lebensjahr bemerkbar machen, sollen trans* Kinder die Möglichkeit bekommen, bis dahin Hormonblocker zu nehmen.
  • Der Senat soll sich für notwendige Folgeregelungen für Menschen mit 3. Geschlechtseintrag einsetzen. So ist im Familienrecht immer noch von Mutter und Vater die Sprache. Für inter* und trans*Personen kann dies, vor allem bei der Geburt ihrer Kinder, zu Schwierigkeiten führen. Deshalb fordern wir die Streichung von jeglichen Geschlechterbenennungen aus dem Gesetz und einhergehend die Unterlassung der Pflicht der Eintragung als Mutter in die Geburtsurkunde, für jede*n, die*der das Kind geboren hat.
  • Des Weiteren soll sichergestellt werden, dass keine kosmetischen Operationen an nicht einwilligungsfähigen (inter*)Kindern vorgenommen werden dürfen.

 

Diskriminierung in der Schule und Uni entgegen treten:

  • In Aufgabenstellungen in Materialien sollen Perspektiven von inter*und trans*Personen vertreten sein
  • Geschlechtsidentität muss im Unterricht thematisiert werden. Alle Schüler*innen sollen sich darüber bewusst werden, dass sie eine Geschlechtsidentiät habenund dass es trans*, inter undnicht-binäre Identitäten neben der cisIdentität gibt . Wörter wie cis oder trans* sind keine reinen Fachwörter, es sind Identitäten. Schüler*innen sollen lernen, cisnormative Strukturen zu erkennen und zu hinterfragen.
  • In öffentlichen Gebäuden, vor allem an Schulen und Universitäten muss es Unisex-Toiletten und langfristig auch Umkleiden geben. Daher soll beim Neubau darauf geachtet werden, dass es keine Sammelumkleiden mehr gibt.
  • Wir fordern, dass sich trans* Personen bei geschlechtergetrennten Angeboten in der Schule (wie z.B. dem Sportunterricht) aussuchen dürfen, bei welcher Gruppe sie teilnehmen wollen und langfristig, dass nicht mehr nach Geschlechtern getrennt wird.
  • Wir fordern alle Berliner Bildungseinrichtungen dazu auf, Namensänderungen zuzulassen und selbstgewählte Namen zu verwenden, unabhängig von dem Namen im Pass.
  • Trans* Personen werden häufig auch durch Lehrpersonal diskriminert.Deswegen fordern wir, dass eine Gruppe qualifizierter Personen hauptberuflich Workshops für Lehrpersonal und/oder Schüler*innen zu geschlechtlicher Identität anbietet, und dazu vom Land Berlin gefördert wird.

 

Diskriminierung in der Wissenschaft und Forschung entgegen treten:

  • Wir fordern mehr und umfangreichere Studien zum Thema Geschlechterrollen im Alltag und Geschlechterrollen im Gesetz, diese sollen staatlich in Auftrag gegeben und finanziell gefördert werden.
  • Außerdem muss die Hinterfragung von anerkanntem Wissen,sowie die Konstruktion von Geschlecht verpflichtender Bestandteil in allen Fachrichtungen sein, zum Beispiel im Medizin-, Lehramts- und Jurastudium.

 

Diskriminierung am Arbeitsplatz entgegen treten:

  • Zur Vermeidung von Diskriminierung sollen in landeseigenen Unternehmen Fortbildungen für Menschen mit Personalverantwortung eingeführt werden. Nicht landeseigenen Unternehmen soll dieses Angebot auch zur Verfügung stehen.
  • Beratungssysteme, die Personen, die sich auf dem Arbeitsplatz als trans* outen wollen unterstützen, sollen ausgebaut werden.
  • Wir fordern, dass bei Stellenausschreibungen die Selbstauskunft der Bewerber*innen bezüglich Geschlecht und Namen anerkannt wird, sodass trans* Personen, die noch nicht ihren Personenstand geändert haben, bei der Bewerbung weniger Probleme haben.
  • Arbeitgeber*innen sollenauf geschlechtsspezifische Uniformen verzichten.

 

Diskriminierung in der Gesundheitsversorgung entgegen treten:

  • Wir fordern bessere Gesundheitsversorgung für trans* Menschen.Das beinhaltet vor allem die sexuelle Gesundheit, z.B. solltenFrauen*ärzt*innen Gynäkolog*innen genannt werden. Diese müssenbereits in der Ausbildung auf trans*- und inter*spezifische Themengeschult werden.
  • Genauso muss es mehr Endokrinolog*innen¹ geben, die für inter* und trans*Themen sensibilisiert sind.

 

Veränderung fängt bei uns an.

Unsere Arbeit zeigt uns immer wieder, dass trans* Feindlichkeitauch bei den Grünen ein Thema ist. Denn grüne Parteimitglieder sind auch von unser cisnormativen Gesellschaft geprägt.

Deshalb erwarten wir von der Grünen Partei folgendes:

  • Es muss Bildungsangebote geben, in denen Mitgliedern die Möglichkeit gegeben wird, sich über gesellschaftliche Macht- und Ausschließungmechanismen bewusst zu werden und Privilegien zu hinterfragen.
  • Cissexistische Sprache soll im Umgang miteinander und in der Öffentlichkeit vermieden werden. Äußern sich Mitglieder cissexistisch, wollen wir, dass die Konsequenzen dessen thematisiert, Betroffene unterstützt werden und alledaraus lernen.
  • Wir fordernBündnis 90/ Die Grünen Berlin auf, sich mit den innerverbandlichen Strukturen auseinander zu setzen, um Lösungen zu finden, wie inter* und trans*Personen gefördert werden können. Gerade jetzt müssen wir uns auch damit auseinander setzen, wie wir Menschen ansprechen, damit sich alle bei uns wohl fühlen.

1) Endokrinolog*innen sind Ärzt*innen, die Hormonbehandlungen durchführen.

Beschlossen auf der LMV am 03.11.2018.