Dieser Antrag wurde auf der Landesmitgliederversammlung am 23.03.2025 beschlossen.
Wir, die Grüne Jugend Berlin, setzen uns im Wahlprogramm Prozess für folgende
Forderungen im Themenbereich Inneres ein:
Sicherheit
Sicherheitsbegriff
Wir vertreten ein allumfassendes Verständnis von Sicherheit, welches die Berliner*innen in ihrer Lebensrealität abholt. Eine Sicherheitspolitik, die nicht nur Eigentum schützt und sich auf die Polizei beschränkt, sondern eine soziale Sicherheit und das gute Leben für alle zum Ziel hat. Deshalb setzen wir uns für einen sozialen Sicherheitsbegriff im Wahlprogramm ein.
Prävention statt Repression
Unser Fokus liegt auf der Bekämpfung der sozialen Ursachen von Kriminalität durch präventive Maßnahmen und eine stärkere Bürger*innennähe.
Demokratische Kontrolle der Sicherheitsbehörden
Wir setzen uns für den Ausbau der Aufsicht über Sicherheitsorgane ein, um Grundrechte zu schützen und unverhältnismäßige Überwachungsmaßnahmen zu verhindern. Dazu gehört auch die Abschaffung der sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orte“.
Keine Militarisierung der Polizei
Es darf keine Ausweitung von Schusswaffeneinsätzen geben, und die Polizei darf nicht weiter militarisiert werden. Stattdessen müssen Deeskalationstrainings verpflichtender Bestandteil der Polizeiausbildung werden. Ergänzend fordern wir eine verpflichtende Fortbildung zum Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen.
Community-basierte Sicherheitskonzepte
Wir fördern Ansätze wie Nachbarschaftsmediation, Sozialarbeit und nicht- polizeiliche Sicherheitsstrukturen, um Sicherheit nachhaltig und sozial gerecht zu gestalten.
Antidiskriminierungspflicht für Polizei und Sicherheitsbehörden
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss auch für diskriminierendes Verhalten von Polizei, Behörden und Justiz gelten. Ein Ticketsystem für polizeiliche Kontrollen soll Transparenz schaffen und Racial Profiling verhindern.
Unabhängige Antidiskriminierungsstelle für Sicherheitsbehörden
Ausbau der unabhängigen Antidiskriminierungsstellen für Sicherheitsbehörden Wir fordern den Ausbau und die Stärkung unabhängiger Polizeibeautragter.
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Wir fordern eine spezialisierte Beschwerdestelle, die sich mit Diskriminierung innerhalb der Polizei und Justiz befasst.
Elektronische Fußfessel als Präventionsmaßnahme gegen häusliche Gewalt
Es gibt fast täglich in Deutschland einen Femizid. Wir als Grüne Jugend Berlin stehen für Präventionsmaßnahmen,die wirken und fordern daher die Prüfung der rechtlichen Bedingungen für elektronische Fußfesseln zur Überwachung von Tätern häuslicher Gewalt. Außerdem fordern wir mehr Hilfsmittel für Beratungsstellen und Frauenhäuser.
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Justiz
Bessere Justizstrukturen
Um eine effektive und gerechte Rechtsprechung sicherzustellen, müssen die Arbeitsbedingungen und personelle Ausstattung in der Justiz verbessert werden.
Reform der juristischen Ausbildung
Eine Reduktion des Prüfungsstoffs soll die juristische Ausbildung praxisnäher
und effizienter machen.
Konsequente Anwendung des Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG)
Diskriminierung muss in allen Bereichen bekämpft werden – das LADG darf nicht nur auf dem Papier existieren.
Entkriminalisierung von Bagatelldelikten
Straftatbestände wie das Fahren ohne Ticket müssen abgeschafft werden. Wir setzen uns für eine Bundesratsinitiative zur Streichung dieser Delikte ein. Solange dies nicht umgesetzt ist, soll Berlin als Eigentümer der BVG auf Strafanzeigen verzichten, wie es andere Kommunen bereits tun.
Reform des Strafbefehlsverfahrens
Strafbefehle sollen nicht mehr gegen Wohnungslose erlassen werden.
Ersatzfreiheitsstrafe abschaffen
Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann, darf nicht ins Gefängnis müssen. Eine Bundesratsinitiative soll die Ersatzfreiheitsstrafe in solchen Fällen beenden, auch zur Entlastung der Berliner Justizvollzugsanstalten.
Zugang zur Justiz für alle
Um mehr Menschen Zugang zu kostenloser Rechtsberatung zu gewähren, braucht es die Erhöhung der Einkommens- und Vermögensgrenzen sowie die Vereinfachung des Antragsverfahrens für die Beratungshilfe. Zudem müssen zivilgesellschaftliche Beratungsangebote stärker gefördert werden.
Zugang zur Justiz für alle
Menschen mit geringen finanziellen Mitteln brauchen kostenlosen Rechtsbeistand, insbesondere in Mietsachen, Sozial- und Arbeitsrecht.
Verbandsklagerecht gegen strukturelle Diskriminierung
Qualifizierte Organisationen müssen die Möglichkeit erhalten, im Namen von Betroffenen gegen Diskriminierung zu klagen.
Abschaffung der „Kirchenklausel“ im AGG
Religiöse Institutionen dürfen nur noch dort von Diskriminierungsschutz ausgenommen sein, wo es unmittelbar mit der zusammenhängt.
Situation von Betroffenen sexualisierter Gewalt verbessern
Wir prüfen, wie Betroffene sexualisierter Gewalt beispielsweise durch moderne Befragungsmethoden, der Einrichtung spezialisierter Abteilungen innerhalb der Staatsanwaltschaft sowie einer engen Kooperation zwischen Gerichten Justiz, Polizei, medizinischen Einrichtungen und Beratungsstellen besser unterstützt und
entlastet werden können.
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Bürger*innenrechte
Stärkung der Grundrechte
Demokratische Teilhabe muss gefördert und staatliche Überwachung begrenzt werden. Wir lehnen Maßnahmen ab, die Grundrechte unverhältnismäßig einschränken. Wir fordern die Aufnahme des Merkmals der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes
Schutz von Whistleblowern und investigativem Journalismus
Wir setzen uns für besseren Schutz von Menschen ein, die Missstände aufdecken, und stärken die Pressefreiheit.
Wahlrecht für alle
Wir fordern die Absenkung des Wahlalters auf 0 Jahre. 16 war ein großer Erfolg, aber nur ein erster Schritt in Richtung Wahlalter 0. Diesem wollen wir einen weiteren Schritt näher kommen und fordern das Wahlrecht ab 12. Wir fordern das Wahlrecht für alle. Dafür wollen wir mit Expert*innen Wege finden, dass auch nicht-deutsche Staatsbürger*innen eine Stimme bei Wahlen abgeben können.
Repräsentation durch Sorgeberechtigte
Da Kleinkinder nicht selbst wählen können, sollen Sorgeberechtigte bis zu einem bestimmten Alter das Wahlrecht treuhänderisch ausüben. Sobald ein Kind den Wunsch äußert, selbst zu wählen, soll es sein Stimmrecht übernehmen können.
Antidiskriminierungsschutz für staatliches Handeln
Diskriminierungsschutz muss sich auf alle Bereiche der öffentlichen Gewalt erstrecken, nicht nur auf soziale Sicherheit, Bildung und Beamtenverhältnisse.
Verlängerung der Fristen für Diskriminierungsklagen
Gerade in arbeitsrechtlichen Diskriminierungsfällen müssen Betroffene mehr Zeit haben, ihre Rechte durchzusetzen.
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Datenschutz
Eine moderne und verlässliche Verwaltung für junge Menschen
Erweiterung der Datenschutzrechte
Bürger*innen müssen ein starkes Recht auf ihre persönlichen Daten haben, einschließlich des Rechts auf Löschung. Nachrichtendienste und Datenschutzbehörden müssen unabhängig kontrolliert werden.
Die Verwaltung und staatliche Behörden sind der direkte Kontaktpunkt von Berliner*innen und der Politik im Alltag. Daraus ergibt sich eine besondere Bedeutung der Verwaltung: Wir haben einen Anspruch auf eine funktionierende und transparente Verwaltung, die unsere Grundrechte wahrt und durchsetzt. Wir wollen eine Verwaltung, die den Menschen und ihren Anliegen dient. Dafür braucht die Verwaltung mehr Personal und Gelder, klar definierte Aufgaben und Zuständigkeiten, wie auch zweckmäßige und grundrechtskonforme Möglichkeiten zur Erhebung, -verwendung, und -verarbeitung von Daten und sie untereinander mitzuteilen. Es ist frustrierend, wenn man für einen neuen Personalausweis oder eine Meldebescheinigung immer noch ewig warten und Urlaub nehmen muss. Politisch engagierte ziehen sich aus ihren Communities zurück, wenn Ämter nur als bürokratische Nein-Sager wahrgenommen werden. Rechtsruck und Politikverdrossenheit haben damit ihre Wurzeln auch in einem Staat, der nicht mit und für die Menschen arbeitet, sondern von oben herab belehrt und bestraft. Die Kürzungspolitik von Schwarz-Rot bedeutet Stillstand und Überforderung in der Verwaltung. Als GRÜNE JUGEND grenzen wir uns davon klar ab: Wir wollen eine moderne, digitale Behörden auf Augenhöhe, die für die Menschen arbeitet, nicht gegen sie.
Begrenzung staatlicher Überwachung
Wir fordern eine klare Absage an staatliche Überwachungsmaßnahmen die Bürgerinnenrechte mehr schaden als nutzen. Für ein Berlin ohne Videoüberwachung, biometrische Gesichtserkennung oder andere Überwachungstechnologien! Wir denken digitale Sicherheit europäisch, quelloffen und grundrechtsorientiert.
Unsere Daten sind nur sicher, wenn wir in Europa diese souverän speichern, verarbeiten und übermitteln können. Dafür braucht es eine demokratische digitale Infrastruktur aus europäischer Hand, die uns schützt vor den Interessen weniger Tech-Bosse und den zunehmenden Angriffen von autoritären Regimes. Diese gemeinsame Infrastruktur erleichtert, Daten zwischen Behörden leichter und sicherer teilen zu können: Das erleichtert Bürger*innen den Behördengang und die Arbeit der Angestellten dieser Behörden und kostet beiden weniger Zeit; zudem demokratisiert und vereinfacht es die Arbeit von Politiker*innen und Aktivist*innen und die Forschung an Universitäten. Wir wollen europäische wie Bundesinitiativen zu OpenSource weiterhin finanziell unterstützen und die fantastische Eigeninitiative und Problemlösungsfähigkeit der OpenSource Community durch öffentliche Ausschreibungen nutzen und fördern. Berlin soll eine Vorreiterrolle bei einer solchen Implementierung und Förderung von OpenSource spielen, denn nur eine demokratische digitale Souveränität kann unsere Freiheitsrechte wahren.
Open Source in der Verwaltung
Die öffentliche IT-Infrastruktur muss auf Open-Source-Software setzen, um Datenschutz und digitale Souveränität zu gewährleisten. Zudem muss sicher gestellt werden, dass die Maintainer*innen der genutzten Open-Source-Software (OSS) für ihr Engagement angemessen vergütet werden. Neben dem Bund müssen auch die Länder Mittel für die Förderung von Open-Source-Software bereitstellen, durch eine gemeinsame Mitfinanzierung von bereits bestehenden Bundesförderprogrammen wie dem Sovereign Tech Fund. Kurzfristig streben wir an, dass das Land Berlin hier eine Vorreiter*innenrolle übernimmt und gezielt Open-Source-Software finanziell unterstützt. Langfristig sollen alle Bundesländer Open-Source-Projekte strukturell fördern, um digitale Souveränität nachhaltig zu sichern.
Schutz vor algorithmischer Diskriminierung
Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, insbesondere Behörden, müssen offenlegen, wann und wie KI gestützte Entscheidungsverfahren eingesetzt werden. Sie müssen nachweisen, dass ihre Algorithmen diskriminierungsfrei und DSGVO-konform sind. Sie müssen ferner sicherstellen, dass KI-Arbeitsschritte eine menschliche Kontrolle durchlaufen. Betroffene sind über den Einsatz zu informieren, müssen Widerspruchsmöglichkeiten haben und bei Rechtsverletzungen entschädigt werden. Ein öffentlich einsehbares KI-Register kann Transparenz schaffen und die Kontrolle durch Zivilgesellschaft und Wissenschaft ermöglichen.
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Innenpolitik
Antifaschismus und soziale Gerechtigkeit
Wir bekämpfen rechte Strukturen und Ideologien aktiv. Sichere Fluchtrouten, eine solidarische Asylpolitik und die Entkriminalisierung von Hausbesetzungen bei Leerstand sind für uns zentrale Anliegen.
Keine Erleichterung von Abschiebungen
Wr stellen uns gegen Maßnahmen, die Abschiebungen noch weiter erleichtern sollen. Die zukünftige schwarz rote Koalition im Bund plant den verpflichtend beigestellten Rechtsbeistand bei drohender Abschiebung abzuschaffen. Der Senat muss diesen deshalb für Verfahren in Berlin einführen. Zudem darf das Land Berlin das Abschiebegewahrsam nicht weiter ausweiten. Die Sicherheitsbehörden müssen das Kirchenasyl in jedem Fall achten.
Antidiskriminierungsbildung als Pflichtprogramm
Alle öffentlichen Institutionen müssen verpflichtende Schulungen zu Diskriminierung und Vielfalt durchlaufen.
Mehr Kontrolle über staatlich finanzierte Einrichtungen
Staatliche Finanzierung nur mit Diskriminierungsschutz
Alle durch öffentliche Gelder geförderten Organisationen müssen dem Antidiskriminierungsrecht unterliegen.
Reform des Verfassungsschutzes
Wir wollen eine Alternative zum Verfassungsschutz: Entweder eine vollständige Abschaffung oder zumindest eine Trennung in einen geheimdienstlich arbeitenden Teil und ein Institut, das nur mit öffentlichen Quellen arbeitet.
Verfassungsschutz abschaffen
Wir fordern die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Stattdessen soll ein öffentliches Institut, das mit öffentlich verfügbaren Quellen arbeitet, zur Bewertung der Verfassungsfeindlichkeit von Organisationen errichtet werden. In einem ersten Schritt soll dieses neben dem geheimdienstlich arbeitenden Teil des Verfassungsschutzes errichtet werden, um beide Funktion zu trennen.
Konsequente Vereinsverbote gegen Rechtsextremismus
Rechtsextreme Vereinigungen müssen konsequent verboten werden. Gleichzeitig fordern wir die Beantragung eines AfD-Verbotsverfahrens im Bundesrat.
Keine Regelabfrage beim Verfassungsschutz
Die Wiedereinführung der allgemeinen Regelabfrage beim Verfassungsschutz für alle Bewerber*innen auf eine Verbeamtung lehnen wir ab. Der Nichtzulassung zum Referendariat müssen enge Grenzen gesetzt sein, da diese einem Berufsverbot gleichkommt.
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Beteiligung
Politische Teilhabe für alle
Mitbestimmungsrechte müssen unabhängig von Herkunft oder Status gefördert werden. Bürger*innenbeteiligungsverfahren sollen hybrid (digital und aufsuchend) ausgebaut und nicht nur auf Bauprojekte beschränkt bleiben.
Kinder- und Jugendparlamente in allen Bezirken
Alle Bezirke sollen für die Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlamentes Unterstützung erhalten. Diese müssen Rederecht und Antragsrecht in der BVV und allen Ausschüssen erhalten.
Klimaräte für Berlin
Bürger*innen sollen in Klimaräten über klimapolitische Maßnahmen mitentscheiden, um eine sozial gerechte Klimapolitik sicherzustellen. Für einen weiteren Bürger*innenrat bietet sich das Thema Wärmewende bzw. Dekarbonisierung der Wärmeversorgung an.
Bürger*innenhaushalte ausbauen
Mehr direkte Mitbestimmung über Finanzmittel auf Kiez- und Bezirksebene sowie ein Ausbau von Schüler*innenhaushalten.