Am Freitag, den 04. November 2016, hat eine Demonstration gegen den Rahmenvertrag für Universitäten vor der Berliner Vertretung der VG Wort (Verwertungsgesellschaft Wort) stattgefunden. Worum es dabei geht und weshalb uns der Vertrag zurück in die 70er Jahre wirft, hat unsere Sprecherin Emma Sammet in ihrer Rede auf der Demo dargestellt:

Als in der ersten Vorlesung, in der ich dieses Semester war, von einem Unirahmenvertrag, Urheber*innenrecht und Leistungsschutzrecht erzählt wurde, hat erst einmal niemand so wirklich zugehört. Erst als es hieß, Moodle wäre betroffen, es gebe noch keine Lösung, aber dass wir uns vielleicht ab dem nächsten Semester selbst unsere Texte besorgen müssten oder diese kopieren, dämmerte es uns Studierenden.  
„Wo gibt’s denn überhaupt in der Uni einen Kopierer?“
„Ich kenn nur den einen, in der Bib, aber der ist ja dauernd kaputt.“
„Lehrbücher selbst kaufen? Wie soll ich mir das leisten?“
„Das ist doch voll 70er und so sollen wir das nun auch machen?“
sind wahrscheinlich Äußerungen, die es ganz gut auf den Punkt bringen.
Eigentlich nutzen viele Studierende ihre Laptops, um in Vorlesungen mitzuschreiben, Dinge auch in der Uni zu recherchieren und damit viel Papier und Zeit sparen. Das hilft auch der Umwelt, das hilft der Gesundheit, das ist für viele einfach intuitiv.
Der Unirahmenvertrag steht für eine Zukunft, in der die Uni eher so ist, wie in den 70ern. Mit ihm wird eines der erfolgreichsten digitalen Bildungsprogramme beerdigt und wir fallen um Jahrzehnte zurück, in die digitale Steinzeit. Das ist eines der Symptome einer Bundesregierung, deren Kanzlerin zuletzt noch vom Internet als Neuland sprach.
Der Vertrag ist auch ein Symptom vom völlig veralteten Urheber*innenrecht. Gerade in einer Woche, in der sich GEMA und Youtube geeinigt haben, wird doch klar, wie reformbedürftig dieses ist.
Natürlich müssen Wissenschaftler*innen und Autor*innen für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden. Das ist eine der Herausforderungen der Digitalisierung, Prozesse daraufhin zu überprüfen und anzupassen, Möglichkeiten zu finden, dass Menschen, die wissenschaftliche Texte publizieren vor Prekarisierung geschützt werden. Digitalisierung birgt die Chance von Teilhabe und von Wissensaustausch. Der Unirahmenvertrag scheitert an dieser Herausforderung. Und geht zulasten derer, die doch eigentlich von genau dieser Arbeit profitieren sollen.
So aber ist es:
Der Unirahmenvertrag sorgt dafür, dass digitale Lehrinhalte eher die Ausnahme werden.
Denn mit der Bereitstellung sind ein hoher Zeitaufwand und mehr Kosten verbunden.
Viele Texte, viel Fachliteratur wird daher nicht mehr digital zur Verfügung gestellt werden, sondern Studierende müssen sich selbst darum kümmern. Das sorgt auch auf dieser Seite für einen höheren Zeitaufwand und mehr Kosten.
Die Folgen?
Mehr Anwesenheit in den analogen Bibliotheken, mehr Warten vor den wenigen Kopierern, mehr Papierverbauch. Wohlgemerkt in total unterfinanzierten Bibliotheken, vor wenigen, aber kaputten Kopierern. Streit und Auseinandersetzungen um die analogen Lehrmaterialien. Bücher verstecken, Seiten herausreißen, Konkurrenzgehabe. So, wie man es bisher vielleicht nur aus Erzählungen von Jura-Studierenden kennt. Und die leider stimmen. 
Das geht zum einen klar zu Lasten von Menschen, die Care-Arbeit leisten, Studierenden mit Kindern, Personen, die arbeiten, um sich das Studieren überhaupt zu finanzieren, Menschen, für die Aufgrund der Bildungsbiografie ihrer Eltern das Unileben eine größere Hürde darstellt und Menschen, die Zeit außerhalb des Studiums in ehrenamtliche Tätigkeiten investieren.
Deshalb ist die Digitalisierung von Universitäten auch eine Frage von Gerechtigkeit und der Unirahmenvertrag schlicht ungerecht.
Wenn Lehrmaterial nicht mehr frei oder barrierearm zur Verfügung gestellt ist, sind vor allem bestimmte Gruppen von Studierenden betroffen. Also eben diese Menschen, die Care-Arbeit leisten, Studierenden mit Kindern, Personen, die arbeiten, um sich das Studieren überhaupt zu finanzieren, Menschen, für die Aufgrund der Bildungsbiografie ihrer Eltern das Unileben eine größere Hürde darstellt und Menschen, die Zeit außerhalb des Studiums in ehrenamtliche Tätigkeiten investieren.
Privilegiert sind solche Menschen, die sich Bildung leisten können, die sich Fachliteratur leisten können. Dabei wird einmal mehr deutlich: Wissen ist Macht. Der Zugang zu Wissen und die Steuerung des Zugangs sind bestimmt durch Machtverhältnisse, die sich auch als Herrschaft bezeichnen lassen können. So werden Privilegien fortgeschrieben.
Anspruch einer emanzipierten Gesellschaft muss es aber sein, Privilegien zu hinterfragen, Bildungshürden einzureißen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Das müssen wir nun wohl selbst übernehmen:
Studierende aller Universitäten, Dozent*innen, Professor*innen: Ladet vor dem 31.12. hoch, ladet vor dem 01.01. runter! Teilt Wissen.
Liebe Unis, tretet dem Vertrag nicht bei, baut Druck auf, auf die VG Wort. Wir müssen dranbleiben, damit es schon bald ein faires, sinnvolles Abrechnungssystem gibt. Eines, dass dem Jahr 2016 entspricht!