Anlässlich des im Bundesrat zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurfes zur
„Änderung des Strafgesetzbuchs – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten
und Rettungskräften“ erklären Annika Klose, Landesvorsitzende der Jusos Berlin,
Judith Sürken, Landessprecherin der linksjugend [’solid] Berlin und Louisa
Hattendorff, Landessprecherin der GRÜNEN JUGEND Berlin:

„Wir, Jusos Berlin, linksjugend [’solid] Berlin und GRÜNE JUGEND Berlin fordern
den rot-rot-grünen Senat Berlins auf, am Freitag gegen den Gesetzesentwurf zur
Strafrechtsverschärfung zu stimmen. Den Gesetzesentwurf der großen Koalition im
Bundestag zur Verschärfung des Strafgesetzbuches lehnen wir konsequent ab. Die
Änderungen der §§ 113ff. StGB sind unverhältnismäßig und stehen zudem nicht im
Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Verschärfung
priviligiert Vollstreckungsbeamt*innen übermäßig gegenüber anderen Berufsgruppen
als auch Bürger*innen. Menschen wegen jeglicher Widerstandshandlung, z.B. bei
einer Festnahme, mit mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe zu sanktionieren
steht in keinem Verhältnis.  Die Straftatbestände der Körperverletzung, die für
jede*n Bürger*in gelten, reichen völlig aus. Es muss nicht erst eine
Rechtsgrundlage wie der „tätliche Angriff“ konstruiert werden. Wir teilen damit
ausdrücklich die Bedenken des Deutschen Richterbundes (DRB).

Zu Recht befürchten zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, dass Betroffene von
Polizeigewalt eingeschüchtert werden könnten, wenn immer mit Gegenanzeigen zu
rechnen ist und schon Widerstand gegen die eigene Festnahme als Körperverletzung
gilt. Solch eine autoritäre Staatsauffassung unterdrückt öffentlichen Protest,
welcher ein unverzichtbarer Bestandteil einer lebhaften und streitfähigen
Demokratie ist. Protest darf nicht kriminalisiert werden. Diese Eingriffe in die
Rechte der Bürger*innen sind nicht hinzunehmen. Wir erklären uns mit den
Betroffenen der aus dem Gesetzesentwurf resultierenden Repression solidarisch.
Alle Parteien müssen den Anspruch haben, verantwortungsvoll mit dem
Gewaltmonopol des Staates umzugehen. Der Gesetzesverschärfung kann das Land
Berlin nicht zustimmen. Sie widerspricht eindeutig der Koalitionsvereinbarung,
in der eine liberale Innenpolitik und die Wahrung von Bürger*innenrechten
vereinbart wurde.

Die Argumentation hinter der Gesetzesverschärfung bezieht sich ausschließlich
auf unzureichende Datenquellen und gefühlte Wahrheiten. Anstatt unabhängige
Studien oder Untersuchungen vorzunehmen, basiert der Entwurf auf der als
Grundlage völlig ungeeigneten Kriminalstatistik. Die Gesetzesvorlage ist somit
handwerklich mangelhaft und schreckt von der Teilnahme an Versammlungen ab. Wir
fordern deshalb, andere Wege zu gehen wie z.B. einen Ausbildungsschwerpunkt auf
deeskalierenden Maßnahmen in kritischen Situationen zu legen, um das Risiko
einzelner Beamt*innen tatsächlich zu senken. Die Herbeiführung eines scharfen
Strafgesetzes ist hingegen nur Symbolpolitik.“